Urteil des Landgericht München I v. 10.12.2013 – www.openjur.de/u/682814.html
In seinem Urteil hatte sich das LG München I (5 HK O 1387/10) mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit ein Vorstandsmitglied durch Einrichtung, Organisation und Beaufsichtigung eines Compliance Management Systems verpflichtet ist, das Legalitätsprinzip bei der Unternehmensführung sicherzustellen.
Unterlassungen namentlich der Implementierung eines effizienten Compliance-Systems und der Überprüfung von dessen Wirksamkeit stellen sich als Pflichtverletzungen des beklagten Vorstandsmitgliedes dar, der sich hier gerade nicht auf die Ressortverantwortlichkeit innerhalb des Zentral-und Gesamtvorstandes berufen kann. Als Mitglied des Zentral- wie des Gesamtvorstands gehört die Einrichtung eines funktionierenden Systems zur Vermeidung von Gesetzesverstößen zu den Aufgaben auch des beklagte Vorstandsmitgliedes.
Das beklagte Vorstandsmitglied konnte sich nicht darauf berufen, der Vorstand sei seinen Vorstellungen nicht gefolgt. Zwar muss auch ein überstimmtes Vorstandsmitglied an der Umsetzung von Vorstandsbeschlüssen loyal mitwirken. Dies kann aber dann nicht gelten, wenn sie (die Vorstandsbeschlüsse) nicht gesetzeskonform sind. Davon musste indes ausgegangen werden, weil die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Verbesserung der Compliance-Organisation sich angesichts der dem Vorstand bekannt gewordenen Maßnahmen aufdrängen musste. Wenn ein Vorstandsmitglied mit Vorschlägen zur Verbesserung der Compliance-Organisation bei seinen Vorstandskollegen tatsächlich nicht durchgedrungen sein sollte, so hat er entsprechende Gegenvorstellungen bei seinen Kollegen anzubringen und gegebenenfalls den Aufsichtsrat einzuschalten.
Fazit: Dieses Urteil stellt nicht nur eine Blaupause der Prüfung zivilrechtlicher Ansprüche eines Unternehmens gegen vormalige Vorstandsmitglieder aus dem Bereich der Compliance dar, sondern liefert auch ausreichend Anknüpfungspunkte, eine strafrechtliche Bewertung des Aufsichtsverschuldens (§ 130 OWiG) der Organvertreter vorzunehmen.