Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 04.04.2017 – Geschäftsnummer 24 C 246/16 (nicht veröffentlicht).
Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg hatte sich mit der Klage eines im gesamten Bundesgebiet tätigen Anzeigenverlages zu befassen.
Dieser Anzeigenverlag verlangte von einem Berliner Unternehmen Werklohn aus einem geschlossenen Anzeigenvertrag über eine Anzeigenschaltung in der vom Verlag herausgegebenen Broschüre „Ratgeber für Schulabgänger und Berufseinsteiger“ gem. §§ 631 I, 646 BGB. Die Verteilung der mit dem Inserat unserer Mandantschaft versehenen Broschüre sollte dann von dem Anzeigenverlag an eine von ihm ausgewählte Anzahl von Auslegestellen versandt werden und in den Auslegestellen dem Endverbraucher allgemein zugänglich sein. Im Internet finden sich zu diesem Anzeigenverlag bereits widersprüchliche Urteile, sofern dieser Werklohnansprüche gegen Anzeigenkunden gerichtlich geltend gemacht hat.
Wir haben für das von uns vertretene Berliner Unternehmen zunächst mit Nichtwissen bestritten, dass der Anzeigenverlag die Broschüren an die von ihm bestimmten Auslagestellen versandt hat. Der Anzeigenverlag legte hierauf eine Rechnung der Deutschen Post vor, wonach eine Versendung erfolgt sei. Bemerkenswerter Weise erfolgte der Versand als „Infopost“.
Hierauf haben wir für unsere Mandantschaft weiter mit Nichtwissen bestritten, dass die als „Infopost“ versandte Broschüre durch die von dem Anzeigenverlag bestimmten Auslegestellen dem Endverbraucher auch tatsächlich zugänglich gemacht worden ist, wozu sich der klagende Anzeigenverlag vertraglich verpflichtet hatte. Hierzu stellten wir die Behauptung auf, dass für das Zugänglichmachen der Broschüre für den Endverbraucher regelmäßig eine Einverständniserklärung der jeweiligen Auslegestelle vorliegen müsse; darüber hinaus eine Zusicherung/Vereinbarung (mit) der jeweiligen Auslegestelle, die Broschüren über einen bestimmten Zeitraum auszulegen.Dieser Behauptung ist der Anzeigenverlag nicht mehr entgegengetreten und hat auch keinen tauglichen Beweis für eine zwischen ihm und der jeweiligen Auslegestelle vorliegende Einverständniserklärung bzw. Zusicherung angeboten.
Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg ist unserer Argumentation vollständig gefolgt und hat den geltend gemachten Werklohnanspruch des Anzeigenverlages wegen nicht vollständiger Vertragserfüllung als unbegründet zurückgewiesen.
Augenscheinlich gehen viele Betroffene, die Anzeigen in Broschüren dieses Anzeigenverlags beauftragen – die sich jedoch tatsächlich für sie als nutzlos erweisen – davon aus, dass diese Broschüren wenigstens in den Auslegestellen für eine bestimmte Zeit ausgelegt werden. Erst der Nachweis dieses Anzeigenverlages, wonach eine Versendung der Broschüre als „Infopost“ erfolgt war, ließ uns stutzig werden, da wir wissen, wie wir – wie so viele andere auch – mit „Infopost“ umgehen. I.d.R. landet sie ungeöffnet/ungelesen im Papierkorb. Zu Recht durften wir für unsere Mandantschaft also mit Nichtwissen bestreiten, dass eine Auslage der Broschüre in den Auslegestellen erfolgte.
Fazit: Sollten Sie ein Inserat über einen Anzeigenverlag schalten wollen, handeln Sie nicht vorschnell. Jeder seriöse Anzeigenverlag wird Ihnen Bedenkzeit vor einem möglichen Vertragsschluss einräumen. Legen Sie vor Vertragsschluss verbindlich fest, welche Reichweite Ihr Inserat haben soll. Ist die gewünschte Reichweite deckungsgleich mit den angebotenen Auslegestellen? Widersprechen Sie einem Vorbehalt des Anzeigenverlags, wonach dieser im Bedarfsfall andere Auslegestellen beauftragen kann. Nehmen Sie vor Vertragsschluss – wenigstens stichprobenartig – Kontakt mit den Auslegestellen auf und erfragen, ob es tatsächlich zu einer Auslage der mit Ihrem Inserat versehenen Broschüre kommt und für welche Dauer das Auslegen erfolgt.